Nicht alle Inhalte halten die Leser:innen bei der Stange. Es gibt Erkenntnisse, welche sprachlichen Merkmalen eine Rolle spielen.
Darum gehts
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Ich weiss nicht, ob Sie nachfolgende Zeilen als lesbar, spannend oder gar gut empfinden; jedoch haben ich versucht den Beitrag so zu verfassen, dass Sie einfach weiterlesen müssen.
Nicht alle Inhalte sind gleich gut, um die Leser:innen bei der Stange zu halten. Es gibt jedoch Beweise, welche sprachlichen Merkmalen eine Rolle spielen, ob Inhalte die Aufmerksamkeit binden. Forscher:innen haben dazu mit Datenanalysen und Experimenten eingegrenzt, welche Faktoren die Lesedauer und das Interesse beeinflussen. Die Resultate dokumentieren, dass nebst dem Thema die sprachliche Gestaltung einen entscheidenden Einfluss darauf hat, ob Leser:innen einem Text folgen oder das Interesse schnell wieder verlieren.
Klicks und Likes zu erhalten ist ein komplett anderer Prozess als die Aufmerksamkeit zu binden.
Texte mit selbstsicheren Aussagen erhöhen die Anzahl an Likes – aber für eine längere Aufmerksamkeit sind Emotionen wie Angst und Hoffnung zielführender.
Was kurzfristig für mehr Interaktion sorgt, führt also nicht automatisch dazu die Leser:innen länger zu binden..
Die Verständlichkeit von Texten, als auch der gezielte Einsatz emotionaler Sprache spielen eine wichtige Rolle dabei, ob Inhalte die Aufmerksamkeit binden können. Der gezielte Einsatz von emotionalen Elementen, wie auch die Verständlichkeit des Textes spielen eine grosse Rolle dabei, ob Inhalte die Aufmerksamkeit binden können.
Die Studie untersucht, inwiefern unterschiedliche Emotionen «Unsicherheit» und «Erregung» bei der Leserschaft auslösen. Der damit verbundene Effekt wurde darauf zur Lesebereitschaft in Bezug gestellt.
Ich habe versucht die Studie zusammenzufassen.
Unsicherheit: Mit Unsicherheit ist hier gemeint, dass man sich einer Sache nicht sicher ist und es Ungewissheit gibt. Die englische Bezeichnung dafür ist in der Untersuchung „uncertainty“.
Erregung: Erregung bedeutet in diesem Zusammenhang einen Zustand der Anspannung, Aktivierung und des Aufgewecktseins. Das englische Pendant ist „arousal“.
Mit einem Datensatz von über 600'000 Lesevorgängen, die über einen Zeitraum von zwei Wochen auf neun verschiedenen Websites stattfanden, liess sich ableiten wie weit die Nutzer jeweils im Artikel gescrollt und wie viel des Inhalts sie bestimmt gelesen haben.
Basieren darauf wurde untersucht, welche sprachlichen Merkmale die Lesedauer beeinflussten. Diese Ergebnisse zeigen, dass kurze Wörter und einfache Satzstrukturen die Aufmerksamkeit erhöhen -> Texte, die leichter zu lesen und zu verstehen sind halten die Leser eher bei der Stange.
Jetzt wo ich das so hinschreibe bemerke ich die zu langen Sätze, die zu langen Worte und nicht unbedingt geläufigen Worte …
Dabei ist die Wortebene, welche mit kurzen geläufigen Wörtern genau so wichtig wie die Satzebene, welche durch eine einfache Syntax die Verständlichkeit fördert.
Eine unterschiedliche Rolle spielen die Emotionen in der Sprache. Inhalte, welche Angst oder Wut ausdrücken halten die Aufmerksamkeit. Traurige Formulierungen jedoch senken die Lesebereitschaft.
Diese erste Analyse zeigt, dass neben einer einfachen Verständlichkeit, der gezielte Einsatz von Emotionen die Lesevorgänge und das Engagement beeinflussen können.
Die Forscher geben hierzu spannende Resultate preis:
Indem die Teilnehmer einen Textausschnitt über die Entwicklung an der Börse zu lesen erhielten, wurde untersucht wie sich unterschiedliche Emotionen auf die Aufmerksamkeit auswirken.
Die Manipulation des Textes wurde so gesteuert, dass entweder Angst, Wut oder Traurigkeit als Emotion eingebaut waren.
Nach dem Lesen des kurzen Artikels gaben die Teilnehmer an, ob sie gerne mehr von dem Artikel lesen möchten. Die bereits festgestellte Tatsache, dass Personen Texte, in denen Wut oder Angst als Emotion vorhanden ist, mehr lesen als Texte ohne diese Emotionen wurde bestätigt.
Sowohl die Verständlichkeit von Texten, wie auch der gezielte Einsatz von emotionaler Sprache spielen eine wichtige Rolle ob ein Beitrag für den Leser – und den Zuhörer oder Zuschauer (ja ich meine auch Podcasts und Videos müssen unter Berücksichtigung dieser Aspekte produziert sein) - spannend ist.
Bisher war ich der Meinung, dass vor allem positive Adjektive wie schön, ruhig, unterhaltend, selbstbewusst, etc. für einen lesbaren, spannenden Text wichtig sind.
Die Forschung belegt, dass die Unterschiede in der Lesebereitschaft durch die Unterschiede in Unsicherheit und Erregung verursacht werden. Also, dass Texte mit Angst und Wut eher motivieren als Texte mit Traurigkeit. Die Forscher gehen davon aus, dass Wut und Angst mehr Emotionen auslösen und daher besser gelesen werden.
Die Ergebnisse im Überblick:
Die ersten beiden Versuche konzentrierten sich auf negative Emotionen. Die Forscher führten ein weiteres Experiment durch, indem die Teilnehmenden mit positiven Emotionen «manipuliert» wurden (Freude, Hoffnung, Zufriedenheit).
Die Unterschiede der verschiedenen Emotionen war auch hier signifikant. So waren Freude und Hoffnung die stärkeren Treiber, dass ein Proband den Artikel weiterlas, als Zufriedenheit.
Entscheidend ist also nicht ob eine Emotion positiv oder negativ ist. Vielmehr ist wichtig, inwieweit eine Emotion Unsicherheit und Erregung auslöst.
Emotionen wie Freude, Hoffnung, Angst oder Wut unterscheiden sich darin, wie stark sie diese Komponenten aktivieren.
Den Forschern gelang es über mehrere Studien hinweg aufzuzeigen dass der gezielte Einsatz von Emotionen die Aufmerksamkeit steuern kann, und zwar über den Mechanismus von Unsicherheit und Erregung.
Als persönliche Ergänzung möchte ich festhalten, dass das Interesse des Lesers an einem Thema als Voraussetzung, für überhaupt eine Lesebereitschaft, dasteht.
Sobald die Person mit dem Lesen begonnen hat, ist für mich klar, dass genau die erwähnten Werte zu spielen beginnen.
So gesehen fängt alles – wie in der Schule gelernt – mit einem griffigen Titel, einer spannenden Einleitung (Lead) und einem ersten, interessanten Untertitel an. Was danach kommt liegt in den Händen des jeweiligen «Schreiberlings»
Quellen